Eingruppierung anhand von Arbeitsvorgängen
#1

Hallo ich hoffe jemand kann mir weiterhelfen, da ich immer am selben Punkt meiner Überlegung stehen bleibe.

Bei uns im Haus verfügen ca 10 Prozent über eine Stellenbeschreibung, der Rest hat keine. Die Dienststelle beabsichtigt dies zu überprüfen und beabsichtigt  ggf herabzugruppieren. Im Tvöd für den Bereich vka wird immer davon gesprochen, dass Arbeitsvorgänge gebildet werden usw.

Jetzt zur Frage: Wie kann der Vorgesetzte = Personalchef darüber entscheiden welche Schwierigkeit sich hinter der Aufgabe verbirgt und dementsprechend eingruppiert wird, wenn dieser selbst 0 Ahnung über die Arbeit und deren Schwierigkeit hat? Und das meine ich ernst, sonst wüsste die Person wie umfangreich die Arbeit jedes einzelnen ist! Die Eingruppierung von ein Externen Unternehmen durchführen zu lassen wird verneint, da die Dienststelle genau weiß, dass der Wasserkopf zu viel Geld und die Arbeiter zu wenig Geld erhalten. Die Verwaltung besteht aus ca 60 Mitarbeitern.
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#2

Die Rechtsmeinung des Arbeitgebers zur Eingruppierung basiert in der Regel auf der Bewertung seiner Experten. Es ist normal, dass diese Bewertung von Mitarbeitern im Personal- oder Organisationsreferat etc. vorgenommen werden. Dazu müssen diese sich mit den einschlägigen tariflichen Vorgaben und der Rechtsprechung vertraut machen. Dann ist zu klären, welche Aufgaben die Personen haben und es sind entsprechende Arbeitsvorgänge zu bilden. Daraus folgt dann eine Meinung des Arbeitgebers zur Eingruppierung.

Der hat dann für die korrigierende Rückgruppierung den Personalrat zu beteiligen. Allerdings sind die Chancen für eine korrigierende Rückgruppierung nicht so toll, wenn es vorher keine Tätigkeitsbeschreibungen etc. gab. Da bekommt der Arbeitgeber Probleme mit dem Personalrat und hat auch nicht so tolle Chancen vorm Arbeitsgericht. Da müssen es schon recht klare Fälle von falschen Eingruppierungen sein.

Du kannst dir parallel auch eine Meinung zur korrekten Eingruppierung bilden. (Ggf. halt mit Unterstützung von Personalrat, Gewerkschaft (soweit Mitglied) oder bezahlten Experten.) Dabei ist zu beachten, dass zu klären ist, was die wahrzunehmenden Tätigkeiten sind. Wichtig schon jetzt und nicht die sich ggf. zukünftig ergebenden. Die einseitige Rücknahme höherwertiger übertragener Tätigkeiten ist nicht möglich. Man muss sich einigen oder als Arbeitgeber eine Änderungskündigung vornehmen.
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#3

Heyho,

die Frage ist berechtigt - kann derjenige, der eine Stelle tarifrechtlich bewertet, das überhaupt tun? Hat er das Wissen und die Kompetenz dazu? Die Antwort lautet: Ja.

Stellenbewertungen werden mindestens von Bediensteten des gehobenen Dienstes wahrgenommen. Es ist also allerhand "Grundbildung" da, um potentiell alle Verwaltungsbereiche der eigenen Behörde zu verstehen und die Sachbearbeitung dort nachvollziehen zu können. Hinzu kommt noch eine gute Portion Erfahrung und man kann die auszuübenden Tätigkeiten gut einschätzen.

Ein Beispiel: Ich muss eine Stelle eines Ingenieurs für Immissionsschutzangelegenheiten in einem kommunalen Umweltamt prüfen. Und ich habe wenig fachliche Ahnung von Stoffströmen, Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Flüssigkeitsdynamik. Aber ich habe im Studium 250 Stunden Umweltrecht belegt und könnte, würde ich ins Umweltamt versetzt, relativ zügig rechtssichere Entscheidungen im Immissionsschutzrecht treffen. Mit diesem "Grundverständnis" ausgerüstet prüfe ich erst einmal die Stellenbeschreibung des besagten Ingenieurs, schaffe mir einen Überblick über seine Aufgaben und die Rahmenbedingungen seiner Arbeit. Ist die Stellenbeschreibung nicht klar genug oder kann ich etwas nicht eindeutig einschätzen, besuche ich den Ingenieur und gehe mit ihm im Detail seine Aufgaben durch. Vielleicht fahr ich auch einfach mal mit ihm im Außendienst raus und schau, was er tut, lasse mir erklären wie er zu seinen Entscheidungen kommt. Zudem kann ich mir seine Verwaltungsakten anschauen, ein paar Gutachten oder Bescheide lesen. Sein Vorgesetzter muss mir erklären können, welche Befugnisse der Ingenieur hat und welche Entscheidungen er treffen kann. Ist der zeitliche Umfang von einzelnen Arbeitsvorgängen strittig, kann ich auch Arbeitsplatzaufzeichnungen anordnen und dokumentieren lassen, wie lange der Ingenieur eine Tätigkeit am Tag ausgeübt hat.

Mit all diesem Datenmaterial ausgerüstet bilde ich dann am Ende die Arbeitsvorgänge, prüfe die passenden Tarifmerkmale ab und komme am Ende zu einem Bewertungsergebnis. Und falls es durchaus mal knifflig wird, schau ich in die Fachliteratur, in passende Urteile oder halte mal Rücksprache mit anderen Bewertern in anderen Verwaltungen, um ein abgewogenes Bild zu bekommen.

Mit Erfahrung kann man jede Stelle bewerten, wenn das Handwerkszeug passt. Vom Sachbearbeiter in der Zulassung über den Sozialarbeiter in einer Beratungsstelle für Adoptionsgeschädigte bis hin zum Kustos eines naturkundlichen Museums, der zugleich auch eine Koryphäe auf dem Feld der Tierpräparation ist.

Aber ich sehe durchaus das Problem, dass in einer Verwaltung mit 60 Bediensteten garnicht so viele Möglichkeiten bestehen, Kompetenzen in der Stellenbewertung zu erwerben.

- Harry
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#4

Supi,
die Grundfrage ist doch, bin ich, er, sie, es...richtig eingruppiert? Aus meinem beruflichen Alltag kann ich berichten, dass alle Mitarbeiter einer Verwaltung eine Arbeitsplatzbeschreibung vorlegen mussten, die danach, von einem externen Unternehmen, mehrmals, vor allem im Bereich der selbstständigen Arbeiten, korrigiert wurde, um danach den Mitarbeitern mitzuteilen, dass die meisten zu hoch eingruppiert sind. Ist das wirklich kompetent? Wie kann ein Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst die Richtigkeit prüfen?
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#5

Entweder hat man selber das nötige Wissen oder man kann sich entsprechendes Wissen einkaufen. Z.B. bieten die Gewerkschaften für ihre Mitarbeiter entsprechende Beratung an.

Soweit man die Unterlagen vom Arbeitgeber bekommt ist die Plausibilität durchaus mit überschaubaren Aufwand zu prüfen. Anrecht auf die Unterlagen hat man aber nicht direkt. Bei öffentlichen Arbeitgebers kann ein Anspruch nach Informationsfreiheitsgesetz bestehen Unterlagen einzusehen. Allerdings haben einige Bundesländer kein solches Gesetz. Wenn der Arbeitgeber nicht kooperativ ist, muss man auf der Basis der übertragenen Tätigkeit selber aktiv werden. Da ist dann entsprechend mehr Fachwissen nötig als für eine Plausibilitätsbetrachtung.

Falls man einen gut qualifizierten Personalrat hat, kann der ggf. helfen.

Bei uns erläutern Personalsachbearbeiter ggf. durchaus die Basis der Eingruppierung, wenn man diese fragt.
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