17.10.2011, 23:37
Nach der beigefügten Pressemitteilung von Der Bürgermeistertag, einer jährlichen Tagung der parteilosen Bürgermeister in Deutschland, wächst die Zahl der parteilosen Bürgermeister stetig. Der Anteil betrage bereits 44 %.
Das Fachmagazin Politik & Kommunikation hat dazu im Beitrag "Parteilos, unabhängig, erfolgreich" aktuell verschiedene Experten befragt. Nach deren Meinung entscheiden heute die persönlichen Kompetenzen der Bewerber (Fachkompetenz, Kommunikations- und Sozialkompetenz) die Wahlen zum Bürgermeister. Eine Parteizugehörigkeit trete als Wahlargument in den Hintergrund und könne aufgrund von "parteipolitischen Reibungsverlusten" auch nachteilig sein.
Offenbar besitzen demnach viele unabhängige Bewerber die vom Wähler geforderten Kompetenzen.
Wie ist ihre Meinung ?
Haben parteilose Bewerber größere Chancen, zum Bürgermeister gewählt zu werden ?
Und sind Parteilose die besseren Bürgermeister ?
=====
Auszug aus einer Pressemitteilung von "Der Bürgermeistertag" v. 16.03.11:
Die etwas anderen Politiker: beliebt, engagiert, in keiner Partei
Parteiunabhängige nähern sich der absoluten Mehrheit.
Die „Partei der Nichtwähler“ wächst stetig, aber ein weiterer Trend wird häufig außer Acht gelassen: Bei kommunalen Direktwahlen haben zunehmend parteilose Kandidaten die Nase vorn.
Bundesweit sind fast 44 % aller hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeister ohne Parteizugehörigkeit.
Bei den Landräten sind es immerhin schon nahezu 20 %. So sind mittlerweile über 4.000 hauptamtliche, parteilose (Ober-)Bürgermeister und 60 Landräte sind am 12. und 13. Mai 2011 nach Dresden zur bundesweit einzigen kommunalen Fachtagung für parteiunabhängige Bürgermeister und Landräte eingeladen. Hier haben sie an zwei Tagen nicht nur die Möglichkeit, Fachvorträge zu wichtigen kommunalen Themen zu hören, sondern auch ihre parteilosen Amtskolleginnen und -kollegen zu treffen, um mit ihnen Erfahrungen auszutauschen und ein Netzwerk von Gleichgesinnten zu knüpfen.
Denn, so bringt es Natalie Steger vom ZDF Landesstudio Sachsen, die Moderatorin der Tagung, auf den Punkt: „Gerade weil Sie in keiner Partei sind, müssen Sie vernetzt sein.
Sie müssen wissen, wo Sie unabhängige Beratung herbekommen.“
Dabei eint diese Mandatsträger eine Maxime: Sie fühlen sich ausschließlich „Ihren Bürgerinnen und Bürgern“ verpflichtet und keiner Parteiräson. Dieser Grundsatz ist mittlerweile so erfolgreich, dass Kandidaten mit Parteibuch zunehmend im Wahlkampf ihre Parteizugehörigkeit unter den Tisch fallen lassen. Kein Wunder, denn lt. Politik-Professor Hans-Georg Wehling (Universität Tübingen) ist bereits „die Wahlempfehlung einer Partei für einen Kandidaten ziemlich tödlich“, wie er unlängst dem Südkurier verriet.
Beispiele für „plötzlich Parteilose“ gibt es auch bei den kommenden Direktwahlen am 27. März 2011 in Hessen. Sicherlich werden die entsprechenden Kandidaten ganz andere Hintergründe für ihre Aufstellung als Unabhängiger vorbringen, aber die Untersuchungen verschiedener Politikwissenschaftler belegen: „Ein parteiloser Kandidat hat schlicht die besseren Chancen“, wie auch Oscar Gabriel (Universität Stuttgart) im September 2009 in der Stuttgarter Zeitung betonte. In Baden-Württemberg, wo bereits seit Generationen der Schultheiß direkt gewählt wird, hat die Unabhängigkeit des Kandidaten schon traditionell eine große Bedeutung - mittlerweile sind über 50% der hauptamtlichen Bürgermeister dort parteilos. Aber auch in den Bundesländern, die erst vor jüngerer Zeit die Direktwahl eingeführt haben, steigen die Chancen für parteilose Bewerber.
Nach Auswertung der aktuellen Daten der Statistischen Landesämter sind von den hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeistern der Städte und Gemeinden in den nachfolgenden Bundesländern parteilos*:
Baden-Württemberg: über 50 %
Bayern: mehr als 1/3
Brandenburg: über 40 %
Hessen: mehr als 1/3
Mecklenburg-Vorpommern: knapp 1/3
Niedersachsen: über 40 %
Nordrhein-Westfalen: knapp 1/5
Rheinland-Pfalz: knapp 15 %
Saarland: 1/13
Sachsen: fast 50 %
Sachsen-Anhalt: fast 50 %
Schleswig-Holstein: über 50 %
Thüringen: mehr als 1/3
---
Hintergrund
Bürgermeister werden, außer in den Stadtstaaten sowie Bremerhaven, in allen Bundesländern direkt gewählt - entsprechend der Süddeutschen Ratsverfassung, die, ursprünglich nur in Bayern und Baden-Württemberg vorherrschend, sich seit Ende der 1990er Jahre in nahezu allen Kommunalverfassungen durchgesetzt hat (Ausnahme: Hessen).
Mit dem Wechsel des Verfassungstyps inklusive der Einführung von mehr direktdemokratischen Beteiligungsformen, wie der Direktwahl-, aber auch Abwahlmöglichkeit von Bürgermeistern und Landräten, dem Bürgerentscheid sowie dem Bürgerbegehren, versprach man sich auch, der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Ein weiterer Effekt ist die schwindende Präsenz der Parteien an der Kommunalspitze, denn durch die Direktwahlmöglichkeit kommen zunehmend Parteilose ans Ruder. Mittlerweile suchen sogar immer öfter Parteien - mangels geeigneter Kandidaten in den eigenen Reihen - per Stellenanzeige nach (meist parteilosen) Bewerbern, die über das erforderliche Führungs- und Fachpotential verfügen.
Die Bevölkerung traut den Politikern offenbar immer weniger zu, der Kommune und der Partei gleichermaßen zur vollsten Zufriedenheit dienen zu können. Hinzu kommen oft genug die Verärgerung über parteipolitische Grabenkämpfe oder politischen Filz, was nicht unbedingt zu Politik-, aber gewiss zu Parteienverdrossenheit führen. Wenn dann ein Kandidat keine höhere Qualifikation als sein Parteibuch aufzuweisen hat, entscheiden sich die Wähler bevorzugt für den Bewerber mit der größten Parteiendistanz - und natürlich mit der größten Sachkenntnis. Lt. Dr. Timm Kern, Autor des Buches „Warum Bürgermeister abgewählt werden“, wählt die Bevölkerung einer Gemeinde zunehmend Kandidaten mit Verwaltungsfachwissen. Ein Trend, der sicherlich nicht unerwünscht ist.
*Hinweis zu den Zahlen:
Die Daten der Statistischen Landesämter müssen bzgl. der Parteizugehörigkeit der angegebenen Mandatsträger überwiegend nachrecherchiert werden, da die Angabe einer Parteimitgliedschaft nicht Pflicht ist. In der Regel wird angegeben, wer den Wahlvorschlag gemacht
hat. Somit ergibt sich folgende Problematik:
- Ein Kandidat, der Träger des Wahlvorschlags einer Partei ist, muss nicht zwangsläufig Parteimitglied in der Partei sein, für die er antritt.
- Ein Kandidat, der ohne Angaben zum Träger des Wahlvorschlags antritt, kann Mitglied in einer Partei sein.
Das herauszufinden, ist überwiegend Handarbeit und birgt eine Fehlerquelle, die es nicht zulässt, absolute Zahlen zu nennen – zumal auch immer wieder Mandatsträger aus einer Partei austreten oder Mitglied einer Partei werden. Der bundesweite Trend ist aber eindeutig.
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Das Fachmagazin Politik & Kommunikation hat dazu im Beitrag "Parteilos, unabhängig, erfolgreich" aktuell verschiedene Experten befragt. Nach deren Meinung entscheiden heute die persönlichen Kompetenzen der Bewerber (Fachkompetenz, Kommunikations- und Sozialkompetenz) die Wahlen zum Bürgermeister. Eine Parteizugehörigkeit trete als Wahlargument in den Hintergrund und könne aufgrund von "parteipolitischen Reibungsverlusten" auch nachteilig sein.
Offenbar besitzen demnach viele unabhängige Bewerber die vom Wähler geforderten Kompetenzen.
Wie ist ihre Meinung ?
Haben parteilose Bewerber größere Chancen, zum Bürgermeister gewählt zu werden ?
Und sind Parteilose die besseren Bürgermeister ?
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Auszug aus einer Pressemitteilung von "Der Bürgermeistertag" v. 16.03.11:
Die etwas anderen Politiker: beliebt, engagiert, in keiner Partei
Parteiunabhängige nähern sich der absoluten Mehrheit.
Die „Partei der Nichtwähler“ wächst stetig, aber ein weiterer Trend wird häufig außer Acht gelassen: Bei kommunalen Direktwahlen haben zunehmend parteilose Kandidaten die Nase vorn.
Bundesweit sind fast 44 % aller hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeister ohne Parteizugehörigkeit.
Bei den Landräten sind es immerhin schon nahezu 20 %. So sind mittlerweile über 4.000 hauptamtliche, parteilose (Ober-)Bürgermeister und 60 Landräte sind am 12. und 13. Mai 2011 nach Dresden zur bundesweit einzigen kommunalen Fachtagung für parteiunabhängige Bürgermeister und Landräte eingeladen. Hier haben sie an zwei Tagen nicht nur die Möglichkeit, Fachvorträge zu wichtigen kommunalen Themen zu hören, sondern auch ihre parteilosen Amtskolleginnen und -kollegen zu treffen, um mit ihnen Erfahrungen auszutauschen und ein Netzwerk von Gleichgesinnten zu knüpfen.
Denn, so bringt es Natalie Steger vom ZDF Landesstudio Sachsen, die Moderatorin der Tagung, auf den Punkt: „Gerade weil Sie in keiner Partei sind, müssen Sie vernetzt sein.
Sie müssen wissen, wo Sie unabhängige Beratung herbekommen.“
Dabei eint diese Mandatsträger eine Maxime: Sie fühlen sich ausschließlich „Ihren Bürgerinnen und Bürgern“ verpflichtet und keiner Parteiräson. Dieser Grundsatz ist mittlerweile so erfolgreich, dass Kandidaten mit Parteibuch zunehmend im Wahlkampf ihre Parteizugehörigkeit unter den Tisch fallen lassen. Kein Wunder, denn lt. Politik-Professor Hans-Georg Wehling (Universität Tübingen) ist bereits „die Wahlempfehlung einer Partei für einen Kandidaten ziemlich tödlich“, wie er unlängst dem Südkurier verriet.
Beispiele für „plötzlich Parteilose“ gibt es auch bei den kommenden Direktwahlen am 27. März 2011 in Hessen. Sicherlich werden die entsprechenden Kandidaten ganz andere Hintergründe für ihre Aufstellung als Unabhängiger vorbringen, aber die Untersuchungen verschiedener Politikwissenschaftler belegen: „Ein parteiloser Kandidat hat schlicht die besseren Chancen“, wie auch Oscar Gabriel (Universität Stuttgart) im September 2009 in der Stuttgarter Zeitung betonte. In Baden-Württemberg, wo bereits seit Generationen der Schultheiß direkt gewählt wird, hat die Unabhängigkeit des Kandidaten schon traditionell eine große Bedeutung - mittlerweile sind über 50% der hauptamtlichen Bürgermeister dort parteilos. Aber auch in den Bundesländern, die erst vor jüngerer Zeit die Direktwahl eingeführt haben, steigen die Chancen für parteilose Bewerber.
Nach Auswertung der aktuellen Daten der Statistischen Landesämter sind von den hauptamtlichen (Ober-)Bürgermeistern der Städte und Gemeinden in den nachfolgenden Bundesländern parteilos*:
Baden-Württemberg: über 50 %
Bayern: mehr als 1/3
Brandenburg: über 40 %
Hessen: mehr als 1/3
Mecklenburg-Vorpommern: knapp 1/3
Niedersachsen: über 40 %
Nordrhein-Westfalen: knapp 1/5
Rheinland-Pfalz: knapp 15 %
Saarland: 1/13
Sachsen: fast 50 %
Sachsen-Anhalt: fast 50 %
Schleswig-Holstein: über 50 %
Thüringen: mehr als 1/3
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Hintergrund
Bürgermeister werden, außer in den Stadtstaaten sowie Bremerhaven, in allen Bundesländern direkt gewählt - entsprechend der Süddeutschen Ratsverfassung, die, ursprünglich nur in Bayern und Baden-Württemberg vorherrschend, sich seit Ende der 1990er Jahre in nahezu allen Kommunalverfassungen durchgesetzt hat (Ausnahme: Hessen).
Mit dem Wechsel des Verfassungstyps inklusive der Einführung von mehr direktdemokratischen Beteiligungsformen, wie der Direktwahl-, aber auch Abwahlmöglichkeit von Bürgermeistern und Landräten, dem Bürgerentscheid sowie dem Bürgerbegehren, versprach man sich auch, der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Ein weiterer Effekt ist die schwindende Präsenz der Parteien an der Kommunalspitze, denn durch die Direktwahlmöglichkeit kommen zunehmend Parteilose ans Ruder. Mittlerweile suchen sogar immer öfter Parteien - mangels geeigneter Kandidaten in den eigenen Reihen - per Stellenanzeige nach (meist parteilosen) Bewerbern, die über das erforderliche Führungs- und Fachpotential verfügen.
Die Bevölkerung traut den Politikern offenbar immer weniger zu, der Kommune und der Partei gleichermaßen zur vollsten Zufriedenheit dienen zu können. Hinzu kommen oft genug die Verärgerung über parteipolitische Grabenkämpfe oder politischen Filz, was nicht unbedingt zu Politik-, aber gewiss zu Parteienverdrossenheit führen. Wenn dann ein Kandidat keine höhere Qualifikation als sein Parteibuch aufzuweisen hat, entscheiden sich die Wähler bevorzugt für den Bewerber mit der größten Parteiendistanz - und natürlich mit der größten Sachkenntnis. Lt. Dr. Timm Kern, Autor des Buches „Warum Bürgermeister abgewählt werden“, wählt die Bevölkerung einer Gemeinde zunehmend Kandidaten mit Verwaltungsfachwissen. Ein Trend, der sicherlich nicht unerwünscht ist.
*Hinweis zu den Zahlen:
Die Daten der Statistischen Landesämter müssen bzgl. der Parteizugehörigkeit der angegebenen Mandatsträger überwiegend nachrecherchiert werden, da die Angabe einer Parteimitgliedschaft nicht Pflicht ist. In der Regel wird angegeben, wer den Wahlvorschlag gemacht
hat. Somit ergibt sich folgende Problematik:
- Ein Kandidat, der Träger des Wahlvorschlags einer Partei ist, muss nicht zwangsläufig Parteimitglied in der Partei sein, für die er antritt.
- Ein Kandidat, der ohne Angaben zum Träger des Wahlvorschlags antritt, kann Mitglied in einer Partei sein.
Das herauszufinden, ist überwiegend Handarbeit und birgt eine Fehlerquelle, die es nicht zulässt, absolute Zahlen zu nennen – zumal auch immer wieder Mandatsträger aus einer Partei austreten oder Mitglied einer Partei werden. Der bundesweite Trend ist aber eindeutig.
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