Dauererreichbarkeit nach Feierabend
#1

Hallo,
meine Behörde erwartet von mir faktisch eine Dauererreichbarkeit nach Feierabend für das Ordnungsamt (Einweisungen nach PsychKG, etc). Eine angeordnete Rufbereitschaft gibt es nicht, ich erhalte keinerlei Bereitschaftsaftszeit o.ä., nur der Zeitaufwand für tatsächliche Einsätze wird mir gutgeschrieben. Meine Festnetz- und Handynummern wurden für die Erreichbarkeit per Mail an externe Stellen herausgegeben (Polizei, Leitstelle, ...), damit diese "versuchen können" mich zu erreichen. Sehr geschickt gemacht, es ist kein Dienst angeordnet.

Man könnte meinen, dass es ja nur um den Versuch geht, mich zu erreichen. Tatsächlich ist es aber so, dass ich jedes Mal Ärger bekomme, wenn man mich nicht erreichen konnte. Sprich ich werde befragt wo ich denn war, warum ich nicht ans Handy gegangen bin, etc. und es gibt kleinere und größere Schikanen. Alles mündlich, nicht beweisbar. Ich bin das aber leid.

Ich vermute, dass diese Art Dauerrufbereitschaft gegen das Arbeitsschutzgesetz, Fürsorgepflicht, Datenschutzrecht, u.w.m. verstößt, suche aber noch den besten Weg, etwas zu unternehmen.

Der Personalrat ist keine Hilfe, Aussage: "So ist das nunmal im Ordnungsamt. Jede Abteilung hat seine Vor- und Nachteile.' Toll.

Was kann ich gegen diese Art mündliche Dauerrufbereitschaft unternehmen ? Wie gehe ich am besten vor, ohne mir die Finger zu verbrennen ?

Für Hilfe wäre ich sehr dankbar !

Gruß Peter
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#2

Hallo,

Rufbereitschaft kann vertraglich, schriftlich oder auch mündlich vereinbart bzw. angeordnet werden. Im öffentlichen Dienst wird sie im Allgemeinen schriftlich fixiert. Unabhängig davon ist sie personalvertretungsrechtlich zustimmungspflichtig (zumindest im LPVG NRW; ich denke aber, dass es woanders ähnlich geregelt ist).

Ich frage mich daher in erster Linie, was für einen Personalrat ihr habt, wenn du solche Auskünfte wie abgegeben bekommst. Natürlich hat man im Ordnungsamt mit Rufbereitschaft ausserhalb der normalen Dienstzeit zu rechnen; aber doch nicht zu solchen Bedingungen!!!

Bei uns ist das z.B so geregelt:
  • die Rufbereitschaft wird auf mehrere Köpfe verteilt
  • jeder Kopf hat im Wechsel 1 Woche Rufbereitschaft; hier ist er/sie über ein Diensthandy (keine Privatnummern!) erreichbar
  • die geleistete Rufbereitschaft wird unabhängig vom Einsatz zu einem bestimmten Stundensatz als Mehrstunden (nicht Überstunden) angerechnet; die Mehrstunden können abgefeiert werden
  • Einsätze werden voll gerechnet und bei Beamten nach den entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften zusätzlich bzw. bei Angestellten nach TVöD zusätzlich vergütet

Ich habe ähnliches Mal als Mitarbeiter im Ausländeramt erlebt. Da hatte man eine ähnliche Praxis stillschweigend "gelebt", bis alle Mitarbeiter einfach "nicht mehr erreichbar" waren, weil einfach an jedem Wochenende was passierte. Letztendlich war dann nur noch der Chef erreichbar. Der hat dann nach 1 Monat "aufgegeben"...es wurde Rufbereitschaft eingeführt unter Beteiligung des PR und Zustimmung der Betroffenen.

Gruß aus Schwelm
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#3

Moin,

ich kenne es weder von meinem alten noch von meinem jetzigen Arbeitgeber, dass diese Zeiten einfach so geleistet werden. PsychKG ist eindeutig eine Aufgabe, die 24/7/365 zu erledigen ist. Für diese Aufgaben gibt es die Rufbereitschaft. Probleme gibt es manchmal, weil (zumindestens in Niedersachsen) beamtenrechtliche und tarifrechtliche Regelungen nicht einheitlich sind.

Wenn es nicht gleich formell ausgetragen werden soll: Die Freizeit ohne Berücksichtigung der unausgesprochenen Dienstverpflichtung planen und regelmäßig weitergeben, dass man heute nicht zur Verfügung steht. Das Diensthandy (ich hoffe, es ist ein solches) abstellen und das private Telefon auf Anrufbeantworter.

Grüße
1887
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#4

Hallo,
vielen Dank für die sehr interessanten Antworten !!! Ihr habt völlig Recht.
@ was_guckst_du: Könntest Du evtl. noch den genauen Paragraph des LPVG NRW nennen ?
@ 1887: Nein, es geht um mein Privat-Handy.
Viele Grüße
Peter
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#5

Hallo,
ich empfehle die §§ 6 ff der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung - AZVO) zu lesen:

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=20302&bes_id=9446&aufgehoben=N&menu=1&sg=

Gruß Merger
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#6

§ 72 Abs. 4 Nr 1 LPVG NRW

Rufbereitschaft ist als "Arbeitszeit" anzusehen, da für die Rufbereitschaft eine Vergütung gezahlt und damit Arbeitsleistung abgegolten wird (RdNr. 106 zu § 72, Kommentar zum LPVG NRW Welkoborsky/Herget)
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#7

Auch das Bundesverwaltungsgericht hat beschlossen, dass die Anordnung von Rufbereitschaft eine Festlegung zu Beginn und Ende der Arbeitszeit darstellt und daher der Mitbestimmung unterliegt. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 4. September 2012 – 6 P 10.11
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#8

Euer Problem scheint mir ein schwacher Personalrat zu sein, denn der PR darf es nicht zulassen, dass der Dienstherr solche inoffiziellen Verpflichtungen an ihm vorbei etabliert. Und das noch auf dem Rücken einzelner Mitarbeiter.

Interessant wäre auch zu erfahren, was Du zu tun hast, wenn Du denn erreicht wirst. Musst Du Dich in den Dienst versetzen oder kannst Du ? Aber auch das dürfte bei Euch nicht geregelt sein. Ich würde es aber auch nicht darauf ankommen lassen, sondern wie schon die Vorredner empfohlen haben nicht ans Telefon gehen. Und wenn man Dich doch einmal am Telefon erwischt, sagst Du, dass Du Alkohol getrunken hast und daher nicht dienstbereit bist. Wenn man derart ausgenutzt werden soll, muss man sich auch mit gleichen Mitteln wehren.
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