Begrenzte Dienstfähigkeit von Beamten

Das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) regelt in § 27 die begrenzte Dienstfähigkeit (Teildienstfähigkeit) von Beamten. Für Beamte des Bundes gilt eine ähnliche Regelung in § 45 Bundesbeamtengesetz (BBG).

§ 27 Begrenzte Dienstfähigkeit
(1) Von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist abzusehen, wenn die Beamtin oder der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit).
(2) Die Arbeitszeit ist entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen. Mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten ist auch eine Verwendung in einer nicht dem Amt entsprechenden Tätigkeit möglich.
(BeamtStG in der Fassung vom 28. Juni 2021)

Kommentierung:

Der Gesetzgeber verfolgt mit der Teildienstfähigkeit das Ziel, die Zahl der (teuren) Frühpensionierungen wegen Dienstunfähigkeit zu begrenzen. Statt Beamte vollständig in den Ruhestand zu versetzen, werden diese unter Berücksichtigung ihres eingeschränkten Leistungsvermögens im aktiven Dienst gehalten. Die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit setzt die Dienstunfähigkeit des Beamten voraus. Voraussetzung der Teildienstfähigkeit ist, dass Beamte ihre Dienstpflichten auf Dauer nur noch mindestens während der Hälfte der Arbeitszeit erfüllen können.

Mit der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit wird ein Teilzeit-Status besonderer Art begründet.

Bestehen Zweifel an der uneingeschränkten Dienstfähigkeit eines Beamten, ist eine amtsärztliche Untersuchung zu veranlassen mit dem Ziel, das Bestehen und den Umfang einer begrenzten Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit festzustellen. Der Beamte ist verpflichtet, sich nach Weisung der Behörde (Dienstvorgesetzter und höhere Dienstvorgesetzte) ärztlich untersuchen zu lassen. Der Dienstherr soll bei dem amtsärztlichen Gutachten neben einer Aussage zur Dienstfähigkeit, begrenzten Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit auch eine ärztliche Stellungnahme dazu anfordern, ob die Beamtin oder der Beamte anderweitig uneingeschränkt oder eingeschränkt verwendet werden kann.

Vorteile und Nachteile für den Beamten:
+ Geringere Wochenarbeitszeit / mehr Freizeit
- Kürzung der Dienstbezüge, begrenzt durch Zuschlag
- Kürzung der Pension
- Einschränkung bei Nebentätigkeiten

Der Bund und die Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) haben in Beamtengesetzen, Verordnungen, etc. i.d.R. weitere Regelungen getroffen.

Beispiel: Auszug aus einem Rundschreiben für Bundesbeamte
(§§ 44 bis 49 Bundesbeamtengesetz – BBG) v. 16.7.2021
5. Begrenzte Dienstfähigkeit (§ 45 BBG)
Kommt eine Verwendung auf einem anderen Dienstposten nach § 44 Absatz 2 oder 3 BBG nicht in Betracht, ist eine eingeschränkte Verwendung in demselben Amt wegen begrenzter Dienstfähigkeit nach § 45 BBG zu prüfen.

Von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll abgesehen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Der Dienstherr hat, da § 45 Absatz 1 Satz 1 BBG als eine Ist-Vorschrift ausgestaltet ist, kein Ermessen. In diesen Fällen ist von der Dienststelle statt der Dienstunfähigkeit die begrenzte Dienstfähigkeit unter Angabe der noch möglichen Dienstleistung im Verhältnis zur Vollzeitbeschäftigung (mindestens 50 Prozent) festzustellen. Die Arbeitszeit ist nach § 45 Absatz 2 Satz 1 BBG entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen (siehe auch Nummer 5.1).

Die Beamtin oder der Beamte verbleibt bei der begrenzten Dienstfähigkeit in ihrem/seinem statusrechtlichen Amt und wird grundsätzlich in der bisherigen Tätigkeit statusgemäß weiterverwendet. Im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit ist die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit, die nicht dem bisherigen Amt entspricht, im Hinblick auf das Recht auf eine dem Amt entsprechende bisherige Tätigkeit nur mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten möglich (§ 45 Absatz 2 Satz 2 BBG).

Das Instrument der begrenzten Dienstfähigkeit ist stärker zu nutzen. Die eingeschränkte Verwendung ist Teil des verfassungsrechtlichen Anspruchs der Beamtin und des Beamten auf eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende, amtsangemessene, ihrer oder seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung entsprechenden Beschäftigung. Gleichwohl dient sie einer amtsangemessenen Fürsorge und Alimentation durch den Dienstherrn nach Art. 33 Absatz 5 GG. Ebenso ist die begrenzte Dienstfähigkeit Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass Beamtinnen oder Beamte ihre volle Arbeitskraft, soweit vorhanden, zur Verfügung zu stellen haben.

5.1. Verfahren zur Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit
Für das Verfahren gelten die Vorschriften über die Dienstunfähigkeit entsprechend (§ 45 Absatz 3 Satz 2 BBG). Hinsichtlich der Mitteilung des ärztlichen Gutachtens gilt § 48 Absatz 2 und 3 BBG.

Soweit aus ärztlicher Sicht eine begrenzte Dienstfähigkeit gegeben (siehe auch Nummer 5) und keine anderweitige Verwendung (siehe auch Nummer 4.2) mit der bisherigen Arbeitszeit möglich ist, ist die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit zugleich die Feststellung einer Teildienstfähigkeit. Die Verwendung mit verkürzter Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit ist jedoch keine Teilzeitbeschäftigung. Es wird ein Teilzeitstatus eigener Art begründet. Eine Vollzeitbeschäftigung ist damit zugleich ausgeschlossen. Die Beamtin oder der Beamte erbringt die im Rahmen ihres oder seines gesundheitlichen Leistungsvermögens volle Dienstleistung.

Zuständig für die Entscheidung über die begrenzte Dienstfähigkeit ist die Stelle, die nach § 12 Absatz 1 BBG für die Ernennung zuständig wäre (§ 45 Absatz 3 Satz 1 BBG). Vor der Entscheidung hat der Dienstherr der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen, aus welchen Gründen beabsichtigt ist, die begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen. Erhebt die Beamtin oder der Beamte innerhalb eines Monats keine Einwendungen, ist die begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen (§ 45 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 47 Absatz 2 BBG).

Erhebt die Beamtin oder der Beamte gegen die beabsichtigte Feststellung Einwendungen, entscheidet in einem förmlichen Verfahren nach § 47 Absatz 2 Satz 2 BBG die zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde abschließend. Die Entscheidung ist der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen (siehe auch Nummer 6).

Mit dem Ende des Monats, in dem die begrenzte Dienstfähigkeit mitgeteilt worden ist, wird die Beamtin oder der Beamte nach § 45 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 47 Absatz 4 Satz 1 BBG im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit verwendet. Mit Beginn der begrenzten Dienstfähigkeit wird die Arbeitszeit entsprechend herabgesetzt, jedoch nicht unter die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Aus einer begrenzten Dienstfähigkeit von beispielsweise 70 Prozent folgt eine Verwendung mit 70 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit.

5.2. Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten
Nach § 84 Absatz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) wirkt der Personalrat bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit mit. Voraussetzung für die Beteiligung des Personalrats ist ein entsprechender Antrag der oder des Betroffenen. Die oder der Betroffene ist von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen (§ 84 Absatz 2 Satz 2 BPersVG) und im Rahmen der Fürsorgepflicht auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Beteiligung der Personalvertretung zu beantragen.

Neben dem Personalrat hat gemäß § 27 Absatz 1 Nr. 1 e) Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) auch die Gleichstellungsbeauftragte an der Entscheidung über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand mitzuwirken und ist frühzeitig zu beteiligen. Ihre Mitwirkung ist obligatorisch und hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die oder der Betroffene eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten beantragt oder nicht.

Sind schwerbehinderte oder gleichgestellte Beamtinnen und Beamte betroffen, ist die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; der Dienstherr hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen (§ 178 Absatz 2 Satz 1 SGB IX).

5.3. Besoldungsrechtliche Aspekte
Mit dem Ende des Monats, in dem die begrenzte Dienstfähigkeit mitgeteilt worden ist, werden die Dienstbezüge entsprechend § 47 Absatz 4 Satz 2 BBG gekürzt. Seit Inkrafttreten des Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetzes (BesStMG) am 1. Januar 2020 richtet sich die Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit nach § 6a BBesG. Beamtinnen und Beamte erhalten zusätzlich zu den nach § 6 BBesG, aufgrund ihres verringerten Beschäftigungsumfangs, gekürzten Dienstbezügen einen Zuschlag in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen den wegen der begrenzten Dienstfähigkeit gekürzten Bezügen und den Bezügen, die bei einer Vollzeitbeschäftigung zustünden. Weitere Hinweise sowie Rechenbeispiele enthält Nr. 3 des Rundschreibens „Erläuterungen und Durchführungshinweise zum besoldungsrechtlichen Teil des BesStMG“ vom 23. Januar 2020 (Az.: D3-30200/176#12).

5.4. Versorgungsrechtliche Aspekte
Wegen der Aussicht auf eine kurz bevorstehende begrenzte Dienstfähigkeit sollte die Beamtin oder der Beamte durch die personalbearbeitende Dienststelle darauf hingewiesen werden, dass sie oder er einen Antrag auf Versorgungsauskunft stellen kann. Die personalbearbeitende Dienststelle sollte den Vorgang eng begleiten, so dass Unsicherheiten auf Seiten der Beamtin oder des Beamten hinsichtlich der versorgungsrechtlichen Auswirkungen beseitigt werden.

5.5. Nebentätigkeiten
Die für voll Dienstfähige geltenden Regelungen zum zulässigen zeitlichen Umfang von Nebentätigkeiten stellen auf die allgemeine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab. Sie setzen dabei eine zeitlich nicht eingeschränkte Fähigkeit zur Dienstleistung voraus. Um im dienstlichen Interesse eine übermäßige Beanspruchung der (eingeschränkten) Arbeitskraft zu vermeiden, ist bei begrenzt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten von der an die persönliche begrenzte Dienstfähigkeit angepassten regelmäßigen Arbeitszeit auszugehen.

Für die Ausübung von Nebentätigkeiten durch Beamtinnen und Beamte, die begrenzt dienstfähig sind, gilt nach § 45 Absatz 2 Satz 1 i. V. m. § 99 Absatz 3 Satz 2 BBG die verkürzte persönliche Arbeitszeit als Maßstab. Eine Genehmigung von Nebentätigkeiten ist deshalb in der Regel wegen übermäßiger Beanspruchung der Arbeitskraft zu versagen, wenn diese ein Fünftel der reduzierten persönlichen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet.

Beispiel: Bei einer verbleibenden Dienstleistung über 75 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit (= 30,00 Stunden) wäre in der Regel eine Nebentätigkeit zu versagen, die 6,00 Stunden in der Woche überschreitet.

Im jeweiligen Besoldungsgesetz wird die Besoldung bei Teildienstfähigkeit geregelt. Beispiel LBesG NRW:
§ 9 Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit
(1) Bei begrenzter Dienstfähigkeit nach § 27 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) in der jeweils geltenden Fassung erhalten Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter Besoldung entsprechend § 8 Absatz 1.
(2) Bei begrenzter Dienstfähigkeit wird zusätzlich zu der Besoldung nach Absatz 1 ein Zuschlag nach Maßgabe des § 71 gewährt.

§ 8 Besoldung bei Teilzeitbeschäftigung
(1) Bei Teilzeitbeschäftigung wird die Besoldung im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt nicht für Bezüge, die während eines Erholungsurlaubs gezahlt werden, soweit der Urlaubsanspruch in Höhe des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruchs nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9) vor der Reduzierung des Beschäftigungsumfangs erworben wurde, aber aus den in § 23 Absatz 4 der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW vom 10. Januar 2012 (GV. NRW. S. 2, ber. S. 92) in der jeweils geltenden Fassung genannten Gründen während dieser Zeit nicht erfüllt werden konnte.

§ 71 Zuschlag bei begrenzter Dienstfähigkeit
(1) Begrenzt Dienstfähige erhalten zusätzlich zu der Besoldung nach § 9 Absatz 1 einen nicht ruhegehaltfähigen Zuschlag. Der Zuschlag beträgt 50 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen den aufgrund der begrenzten Dienstfähigkeit gekürzten Dienstbezügen und den Dienstbezügen, die sie bei Vollzeitbeschäftigung erhalten würden. Ist oder wird die Arbeitszeit über die begrenzte Dienstfähigkeit hinaus aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung ermäßigt, wird der nach Satz 2 errechnete Zuschlag anteilig in Höhe des Quotienten aus der insgesamt ermäßigten Arbeitszeit und der aufgrund der begrenzten Dienstfähigkeit ermäßigten Arbeitszeit gewährt. § 8 Absatz 1 und § 9 Absatz 1 finden auf den Zuschlag keine Anwendung.
(2) Dienstbezüge im Sinne des Absatzes 1 sind:
  1. das Grundgehalt,
  2. monatlich gewährte Zuschüsse zum Grundgehalt sowie Leistungsbezüge bei Professorinnen und Professoren und bei hauptamtlichen Mitgliedern von Leitungsgremien an Hochschulen,
  3. der Familienzuschlag,
  4. die Strukturzulage,
  5. Amts- und Stellenzulagen und
  6. Ausgleichs- und Überleitungszulagen.
(LBesG NRW in der Fassung vom 14.06.2016)

Beamte können sich mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung / Dienstunfähigkeitsversicherung gegen Einkommensverluste infolge einer Dienstunfähigkeit absichern.

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