Erscheinungsbild als Beamter: Tattoos, Piercings, usw.

Für Beamtinnen und Beamte gelten weitreichende Einschränkungen für das äußere Erscheinungsbild. Unter anderem sind Tattoos und Piercings betroffen.

Für Tarifbeschäftigte im Öffentlichen Dienst (früher Angestellte und Arbeiter genannt) gibt es keine vergleichbaren Regelungen.

Die Einschränkungen bestehen textgleich in § 61 Bundesbeamtengesetz (BBG) und in § 34 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Wir beschränken uns auf das BeamtStG, das auf Landes- und Kommunalbeamte Anwendung findet:

§ 34 Absatz 2 - Erscheinungsbild
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von
  • bestimmten Kleidungsstücken,
  • Schmuck,
  • Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die
  • Art der Haar- und Barttracht
können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.“

Die Begründung zu dieser gesetzlichen Bestimmung:
Weitere denkbare Merkmale, welche unter die insoweit nicht abschließende Vorschrift subsumiert werden könnten, sind jegliche weitere – bei Ausübung des Dienstes sichtbare – Formen des Körperschmucks wie beispielsweise sogenannte
  • Brandings,
  • Mehndis,
  • Bodypaintings,
  • Dermal Implants,
  • Cuttings oder
  • Scars.
Durch solche Formen des Erscheinungsbilds kann je nach deren Ausgestaltung die Selbstdarstellung seiner Trägerin oder ihres Trägers in einem solchen Ausmaß betont werden, dass die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Augen des jeweiligen Gegenübers zwangsläufig in den Hintergrund tritt und vom individuellen Ausdruck der Person unverhältnismäßig überlagert wird. Zum sichtbaren Körperbereich zählt der Bereich des Körpers, der von der Kleidung nicht abgedeckt wird. Für Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte ist hierbei die zu tragende Uniform als Maßstab anzusetzen. Wird hierfür die Sommeruniform zugrunde gelegt, handelt es sich beim sichtbaren Körperbereich der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten um den Kopf, den Hals, die Hände und die Unterarme (so auch BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13.19 – Rn. 13). Nicht von der Regelung umfasst sind solche Formen des Erscheinungsbilds, die mit bloßem Auge bei einem natürlichen Mindestabstand nicht erkennbar sind. Körpermodifikationen, die so klein sind, dass sie nicht ohne Weiteres zu erkennen sind, sind nicht dazu geeignet, die Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen (siehe auch BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13.19 – Rn. 15).

Grundsätzlich kommt eine Untersagung nur bei Tätigkeiten mit Außenkontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern in Betracht. Allerdings kann die Funktionsfähigkeit der Verwaltung im Einzelfall auch dann beeinträchtigt sein, wenn der Betroffene zwar aktuell eine Tätigkeit ohne Außenkontakt ausübt, eine solche aber in der jeweiligen Laufbahn zu einem späteren Zeitpunkt ansteht oder in Betracht kommt. Bei dauerhaftem Körperschmuck (zum Beispiel bei Tätowierungen, die nicht ohne Eingriff in die körperliche Unversehrtheit entfernt werden können) kann die Entscheidung in diesem Fall unabhängig von der aktuell ausgeübten Funktion unter dem Aspekt der Verwendungsbreite innerhalb der jeweiligen Laufbahn zu treffen sein. Der Dienstherr muss sich die Möglichkeit offenhalten können, die Beamtin oder den Beamten auch zukünftig ohne Einschränkungen in allen Funktionen der jeweiligen Laufbahn einzusetzen. Ein vollständiges Verbot kann unverhältnismäßig sein, wenn Tätowierungen und vergleichbare Formen des Körperschmucks in praktikabler Weise abgedeckt werden können, die Einsatzfähigkeit der Beamtin oder des Beamten hierdurch nicht beeinträchtigt wird und die neutrale Amtsführung, die Achtung und der Respekt in die Handlungen und das Verhalten der Beamtin oder des Beamten durch die Gestaltung der Abdeckung nicht beeinträchtigt werden. Der Möglichkeit des Abdeckens kann es unter anderem entgegenstehen, wenn je nach Größe und Körperstelle ein Abdecken der Tätowierung einen ähnlichen, die amtliche Funktion optisch in den Hintergrund treten lassenden Effekt wie die Tätowierung selbst hätte. Das wäre beispielsweise bei einem großflächigen Abkleben des Halses oder des Gesichtes ebenso wie bei einer auffälligen farblichen Abklebung zu befürchten. Eine Pflicht zum Verbergen von Merkmalen des Erscheinungsbilds wie Tätowierungen oder anderem Körperschmuck besteht nicht, soweit ein Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern, wie beispielsweise beim Dienstsport, ausgeschlossen ist. Die Einzelheiten können in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Der neue § 61 Absatz 2 Satz 4 enthält eine Ermächtigungsgrundlage zur Einschränkung oder Untersagung von religiös oder weltanschaulich konnotierten Formen des Erscheinungsbilds und damit verbunden eine parlamentarische Leitentscheidung.

Das Tragen von religiös oder weltanschaulich konnotierten Merkmalen des Erscheinungsbilds, wie beispielsweise das muslimische Kopftuch, die jüdische Kippa oder ein christliches Kreuz, werden vom Schutzbereich des Artikels 4 Absatz 1 und 2 GG umfasst. Eine diesbezügliche Einschränkung stellt damit neben einem Eingriff in Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 12 Absatz 1 GG einen Eingriff in das Grundrecht auf Glaubens-und Bekenntnisfreiheit der oder des Betroffenen dar. Das Recht, solche Erscheinungsmerkmale zu tragen kann eingeschränkt oder gänzlich untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen.

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